2025: Westwärts

Ende Winterruhe, NAJADE und Crew freuen sich auf den Hafengeburtstag in Hamburg. Der Besuch am grössten Hafenanlass weltweit wird im Mai unsere Reise 2025 eröffnen. Danach steuern wir Holland an. In Friesland suchen wir im Herbst ein Winterquartier.

Der zweite Winter in Mölln ist vorbei. In der Halle 12 ist künftig kein Winterlager mehr vorhanden. Die Davidswerft zieht aus, der Standort Mölln am Elbe-Lübeck-Kanal wird aufgegeben. Die Werft konzentriert sich auf ihren neuen Hauptsitz in der Marina am Stau zwischen Lübeck und Travemünde. Der Hafen liegt direkt an der Trave, gut geschützt hinter der Herreninsel. Der Wegzug aus Mölln hat einen Hauptgrund: Der Elbe-Lübeck-Kanal ist kein zuverlässiger Wasserweg mehr. Seit Oktober wird an der Donnerschleuse gebaut. Somit ist der Kanalabschnitt in Richtung Lübeck gesperrt. Erst Ende Mai soll die Durchfahrt zur Ostsee wieder möglich sein. Für eine Werft bedeuten derart lange Sperrungen das wirtschaftliche Aus. In der Öffentlichkeit und der Politik läuft die Diskussion über diese untragbare Situation. Die Geschäftsleitung der Davidswerft wird in den nächsten Tagen besucht von einem Kamerateam des Norddeutschen Rundfunks erhalten, das die Kanalsperrung in einem TV-Bericht thematisieren will. 

Donnerstag 17. April 2025, Einwassern in Mölln: Nach sechs Monaten Winterpause ist das Bereitmachen eines Schiffes stets mit Fragezeichen verbunden. Hat NAJADE die kalte Jahreszeit in der Halle gut überstanden? Sind Technik und Motor heil geblieben? Klappt das Kranen der schweren und dicken Dame? Diesmal liegen unsere Sorgen jedoch auf einer anderen Ebene, bei unserem Auto. Auf der 950 Kilometer langen Fahrt aus der Schweiz nach Norddeutschland treten plötzlich Vibrationen am linken Hinterrad auf. Wir stoppen auf dem nächsten Parkplatz und schauen nach. Das Rad ist sehr heiss, ein Zeichen, dass die Bremse nicht mehr vollständig löst. Wir steuern eine Werkstatt an, um den Schaden zu behebn. Doch dort winkt man ab: Osterwoche, kein Personal, kein Termin frei! Der Werkstattleiter rät uns, vorsichtig weiter zu fahren und ab und zu das Rad abzukühlen. So machen wir es. Gegen Abend erreichen wir das Hotel Waldeslust in Mölln, Hier haben wir schon vor einem Jahr bestens übernachtet. 

Dienstag und Mittwoch bringen wir NAJADE in der Halle auf Vordermann und unser Auto wird nach Lübeck zur Reparatur abgeschleppt. Am Schiff stellen wir keine negativen Überraschungen fest. Alles ist in Ordnung. Die Batterien haben die sechs Monate ohne Anschluss ans Ladegerät bestens überstanden, die Smartmeter zeigen immer noch 90 Prozent Kapazität an. Wir übermalen einige Rostflecken, ziehen den Wasserpass neu und flicken Kleinigkeiten. Der Einbau des abgedichteten Wärmetauscher klappt bestens. Alle Verbindungen sind dicht, somit können wir den inneren Kühlkreislauf mit neuem, gelbem Volvo-Penta-Frostschutz auffüllen. Gut 20 Liter Kühlflüssigkeit passen in den Motor.

Am Mittwochnachmittag wird NAJADE ins Freie gezogen, damit am Donnerstagmorgen um 10 Uhr der Transport in den nahen Hafen ohne weitere Rangiermanöver erfolgen kann. Kurz nach 11 Uhr schwimmt unser Schiff wieder. Der Motor springt beim ersten Versuch an. Wir verabschieden uns definitiv von der Crew der Davidswerft und verholen in den nahen Hasfen der Wassersportvereins Mölln. Dort parken wir NAJADE bis zum 2. Mai 2025. Dann beginnt unsere diesjährige Reise. Der erste Höhepunkt ist gesetzt. Unser Gesuch für einen Liegeplatz im City Sporthafen Hamburg während des Hafengeburtstags wurde positiv beantwortet. Somit werden bei diesem Riesenfest vom 9. bis 11. Mai mittendrin sein.

 

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Video: Ausfahrt aus der Halle (Zeitraffer)

Video: Mit dem Kran ins Wasser (Zeitraffer)

Sonntag 4. Mai 2025: Mölln-Lauenburg: Am Freitag 2. Mai haben wir es wieder gewagt. Wir wollen mit der Deutschen Bahn nach Mölln reisen. Und wieder einmal hat es nicht so geklappt, wie geplant. Zwei Monate im Voraus haben wir die Zugsfahrt gebucht, inklusive Sitzreservationen. Kurz später meldet sich die DB mit einer "Wichtigen Information an die Fahrgäste". Unsere Zugsverbindung fällt offenbar aus. Das bereits bezahlte Sparticket wird von der Zugsverbindung befreit. Wir beginnen mit der Planung nochmals von vorne und reservieren in zwei früher abfahrenden Fernverkehrszügen Sitzplätze ab Basel. Doch hoppla, auch diese Verbindung scheitert am Reistetag, Verspätungen verunmöglichen das fahrplankompatible Umsteigen in MannheimUmsteigen. Nun steigen wir in Basel ohne Reservation in den ICE und machen es uns in einem Abteil bequem, das jedoch ab Frankfurt als reserviert bezeichnet ist. Alles gut, doch in Freiburg gibt der Lokführer durch, dass seine Maschine störungsbedingt nicht mehr weiterfahren möchte. Nach einer halben Stunde dann die gute Nachricht: wir können wieder fahren. Die Panne hat einen Vorteil. Wir kommen derart verspätet in Frankfurt an, dass die Fahrgäste für unsere Sitzplätze scbon längst abgereist sind. Ohne weitere unvorhergesehene Zwischenfälle erreichen wir unbeschadet Mölln. Die letzte Etappe absolvieren wir in einer Weltneuheit: dem ersten Batterie-Zug von Stadler-Rail

Die Nacht an Bord sorgt für einen entspannten aber leicht unterkühlten Schlaf. Am Morgen weckt uns die wärmende Sonne. Das Frühstück wird an Decck serviert. Ferienbeginn! Arbeiten am Schiff heisst das Motto für Samstag. Wir schruppen das Deck und kriechen durch den Motorraum. Die Maschine erhält frisches Öl und saubere Filter. Der Versuch, den Geber des 50 Jahre alten Seafarer-Echolots zum Leben zu erwecken, scheitert. Altersbedingt ist das Kabel direkt oberhalb des Gebers abgebrochen. Nur noch ein paar Litzendrähte lassen sich kopfüber mit dem Lötkolben erreichen. Zwar kommt ein Signal durch das Ersatzkabel, aber für eine klare Tiefenanzeige reicht es nicht. 

In der Nacht frischt der Wind auf, und zwischendurch regnet es. Wir starten Richtung Hamburg. Entgegenkommende Schiffe fehlen. In Ricjhtung Lübeck ist der Elbe-Lübeck-Kanal unpassierbar. Seit einem halben Jahr ist die Donnerschleuse defekt. Die Reparatur soll sich bis zum 25. Mai hinziehen. Grundwasser drückt von unten die frisch betonierte Grundplatte in der Kammer hoch. Taucher versuchen nun, den Wassereinbruch zu stoppen.

Auch in Richtung Elbe läuft nicht alles reibungslos. Gestern war die Schleuse Witzeeze wegen Unterhaltsarbeiten geschlossen. Heute soll sie in Betrieb sein. Auf den Funkanruf antwortet jedoch niemand, und das Einfahrsignal steht auf Doppelrot. Wir warten ab. Doch dann erlischt eine der roten Leuchten, aha, es tut sich was. Wenig später schliesst sich das talseitige Tor, die Kammer kommt hoch und wir können schleusen.

Noch schneller lässt uns die Schleuse Lauenburg durch. Wir sind am Ziel. Schiffe über 10 Meter Länge müssen sich vor dem Anlegen am Schwimmsteg des Wasser-Sport-Clubs Lauenburg beim Hafenmeister melden. Das machen wir. Sehr freundlich wird uns die Stegnummer zugewiesen. Der Hafen ist klein, aber zweckmässig. Doch heute sind die freie Liegeplätze rar. Nicht nur der ELK ist gesperrt, sondern ebenfalls das Schiffshebewerk Lüneburg-Scharnebeck am Elbe-Seitenkanal, auch die Elde-Müritz-Wasserstrasse ist bis auf weiteres nicht durchgehend befahrbar, und die Elbe glänzt mit sehr niedrigem Pegel. Deshalb: Stau in Lauenburg!

Gefahrene Distanz: 35 km, 2 Schleusen (Motor: 3340 Stunden)

Montag 5. Mai 2025, Lauenburg-Hamburg
Vor einem Jahr wurden wir auf der Elbe von der Wasserschutzpolizei kontrolliert, und heute wieder. Die drei Beamten sind unterhalb Geesthacht mit einem schnellen RIB-Schlauchboot auf Patrouille. NAJADE ist das einzige Schiff weit und breit auf dem Fluss. Ein besseres Opfer kann man gar nicht finden.
Überprüft werden alle Dokumente und Ausweise, dann will der Polizist noch papierene Navigationskarten sehen, der Ankerball wird ebenfalls gefordert, und zu guter Letzt soll noch das Horn aktiviert werden. Tüüüt. Auch das klappt. Wir erhalten eine Bescheinigung über eine „Polizeiliche Kontrolle ohne Beanstandungen“, diese soll uns vor weiteren Überprüfungen schützen, und dann dürfen wir mit sauberer Weste weiter gegen Hamburg reisen.
Zeitlich haben wir es gut getroffen. Der Ebbstrom schiebt von hinten mit, und kurz nach 14 Uhr legen wir im City Sporthafen im Schatten der Elbphilharmonie an. Der Hafenmeister erwartet uns bereits und nimmt die Leinen entgegen. Super freundlich, hervorragender Service. Die Marina ist noch weitgehend leer, nichts weist auf das am Freitag beginnende Megafest Hafengeburtstag 2025 hin.
Hamburg zeigt sich von der besten Seite: Die Sonne scheint vom blauen Himmel. Es ist angenehm warm. Zeit für einen Apéro. Prost. Das Fischbrötchen folgt dann später. 
Gefahrene Distanz: 54 km, 1 Schleuse (Motor: 3345 h).

 

Freitag 9. Mai 2025, Hamburg, Paraden Hafengeburtstag

Seit Montag liegen wir im City Sporthafen Hamburg und geniessen die einmalige Hafenatmosphäre. Die Hansestadt ist einfach toll. Ab Mittwoch spürt man das ansteigende Festfieber rund um den 836.Hafengeburtstag. Hunderte von Verpflegungsständen werden aufgebaut, kilometerweit Absperrgitter, und als am Donnerstagabend das erste Mal die schwimmende Konzertbühne vor den Landungsbrücken probehalber platziert wird, bleibt der Mund offen. Einfach gigantisch!

Unterdessen ist der Sportboothafen platschvoll. Am Freitag machen sich alle für die das Mitfahren an der Einlaufparade bereit, Flaggen montieren, Fender putzen, Deck schruppen. NAJADE strahlt, und wir sind ein wenig aufgeregt, weil sich draussen auf der Elbe eine Armada von historischen Grosseglern, Marinekreuzern, Behördenschiffen und ein Eisbrecher aufreiht. Dann läuft die CAP SAN DIEGO, das Wahrzeichen an den Landungsbrücken, aus. Nun sind die Kleinen an der Reihe. Die Flotte bewegt sich elbeabwärts, kreuz und quer bahnen sich Barkassen und Ausflugschiffe gnadenlos ihren Weg durchs Geschwader. Hupend, schimpfend, am Funk gehen die Wellen hoch, doch nur die Ruhe kann es bringen. Unbeschadet erreichen wir den Köhlbrandhafen, wo wir auf den offiziellen Paradenstart warten. Die Verkehrsdichte zu diesem Zeitpunkt illustriert das Plotter-Bild mit den AIS-Signalen (Einsatzplan Sportboote City Sporthafen).

Flussaufwärts reihen sich die unzähligen Sportboote zwischen den dicken Pötten wieder ein. Gemächlich geht es zurück zur Marina. Unterwegs stockt der Zug, wir verkriechen uns in das Werfthafenbecken und drehen Warteschlaufen‘

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Montag 12. Mai 2025: Hamburg-Stade

Welch ein Unterschied: Gestern Sonntag feierten wir im proppenvollen City-Sporthafen den letzten Tag des Hafengeburtstags in Hamburg, heute liegen wir 35 Kilometer flussabwärts im Stadthafen von Stade. Es ist sehr ruhig hier, der schnelle Takt der Grossstadt ist von ländlicher Bedächtigkeit abgelöst worden, schön und entspannend.

Von der Elbe führt der Fluss Schwinge nach Stade, ein Tidengewässer, das beinahe trockenfällt. In Hamburg haben wir uns informiert. Eine Stunde vor und eine Stunde nach Hochwasser passt, sagten die einen. Nein, meinten andere, ihr kommt auch bei Niedrigwasser in den Hafen. Wir wählen die sichere Variante und peilen die Ankunft in Stade auf 16.30 Uhr an, dann, wenn die Tide am höchsten ist. Dies hat den Nachteil, dass wir Hamburg bei Niedrigwasser verlassen, also gegen den Strom elbeabwärts fahren. Dies kostet ein wenig Tempo und ein paar Liter Diesel, doch garantiert uns eine unbeschwerte Zufahrt in den Stadthafen Stade. So ist es dann auch. Punkt 16.30 Uhr sind die Leinen fest, und schon senkt sich der Pegel abwärts.

Nach dem Trubel des Hafengeburtstags ist die Elbe heute leer. Ein paar Binnenschiffe kommen uns entgegen. Kurz vor der Mündung der Schwinge in die Elbe taucht dann doch noch ein Gigant auf, die ONE TRUTH, ein Mega-Carrier der 400-Meter-Klasse mit mehr als 20‘000 Containern an Bord. Wir staunen, und verdrücken uns ganz nah den Rand der Fahrrinne, nach dem Motto „Der Klügere gibt nach“.

Hafeninfo: Der Stadthafen wird von den Stadtwerken betreut. Laut Website können die Liegeplätze via BoatPark reserviert und bezahlt werden. Wir befolgen den Tipp. Es funktioniert nur tweilweise. Die Liegegebühr lässt sich online abrechnen (13.50 €, inkl. Strom und Duschen), aber die Liegeplätze sind in der App nicht anwählbar und der Zugangscode zum Sanitärgebäude wird nicht übermittelt. Der Hafenmeister hat an der BoatParking-Dienstleistung deshalb keine Freude und schimpft nur. Achtung: Die an der Tafel von Hand notierten Tidenzeiten stimmen nicht zuverlässig. 

Gefahrene Distanz: 35 km (Motor: 3358 h).

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Mittwoch 14. Mai 2025: Stade-Wischhafen: Wieder mal eine Premiere: NAJADE fällt erstmals trocken. Normalerweise wünscht man sich ja eine Handbreit Wasser unter dem Kiel, doch im Yachthafen Wischhafen bleibt dies ein frommer Wunsch. Die Zufahrt durch die Frischhafener Süderelbe leert sich bei Niedrigwasser fast vollständig.

Die heutige Etappe haben wir intensiv kalkuliert, Wasserstandvorhersagen studiert und beim Hafenmeister Rat geholt. Doch in der Rückschau gibt’s für die Rechenarbeit aber nur die Bewertung „genügend“. Obwohl wir am Morgen um 04.15 Uhr noch vor dem Hochwasser in Stade losgefahren sind, fehlen am Schluss einige Zentimeter. Wir erreichen den Liegeplatz beim Wischhafener Yachtclub Niederelbe nicht mehr ganz und stecken kurz vor dem Ziel fest. Zwischen Schiff und Schwimmsteg bleibt eine meterbreite Lücke frei. Diese überbrücken wir mit der Gangway. Nun warten wir auf das Hochwasser, um NAJADE optimal belegen zu können.

Hafeninfo: Der Wischhafener Yachtclub Niederelbe tritt mit einer wunderschönen Website auf, die gluschtig macht. Man kann sogar mittels Formular einen Liegeplatz reservieren. Nur, eine Antwort kommt nicht zurück. Und die angekündigte Präsenz eines Hafenmeisters korrigiert ein Aushang: "Aktuell ist das Amt des Hafenmeisters nicht besetzt". Trotzdem ist der Hafen sehr schön und gastfreundlich. Sogar eine kleine Küche steht zur Verfügung. Duschen kostet 2x1€ für 6'. Mit unserem Tiefgang von 1,1 m haben wir zweieinhalb Stunden nach Hochwasser den Schwimmsteg nicht mehr erreicht.

Gefahrene Distanz: 29 km (Motor: 3362 h)

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Donnerstag 15. Mai 2025, Wischhafen-Cuxhaven

In Wischhafen erreicht die Tide am Morgen etwa um 6 Uhr ihren Höchststand. Dann schliesst jeweils das Sperrwerk für drei Stunden, damit der Seitenarm der Elbe durch Spülung vom Schlamm befreit werden kann. Also timen wir unsere Abfahrt auf 05.15 Uhr. Der Himmel ist wolkenfrei, der nicht mehr ganz volle Vollmond verabschiedet sich im Westen, im Osten färbt die aufwachende Sonne den Himmel orange. Eine prächtige Kulisse für den Start in den Morgen.

Allerdings stört helles Scheinwerferlicht die Idylle. Ein riesiges Baggerschiff passiert das Sperrtor, alle Signale zeigen deshalb Doppelrot. Oh jeh, was nun? Über Funk versuchen wir das Arbeitsschiff auf diversen Kanälen zu erreichen. Keine Antwort! Man erinnert sich an den Funker-Kurs, respektive an die Möglichkeit von DSC-Anrufen. Also MMSI-Nummer des Schwimmbaggers eintippen, und einen Selektivanruf starten. Sofort meldet sich der Kapitän. Die Vorbeifahrt und die Ausfahrt in die Elbe sei kein Problem, so die gute Nachricht.

Nun geht die Sonne auf. Ein riesiges Containerschiff gleitet flussaufwärts in Richtung Hamburg. Wunderschön, ein bleibendes Bild fürs Erinnerungsalbum. Mit der ablaufenden Tide wird unsere behäbige NAJADE flink wie ein junges Reh. Und so erreichen wir Cuxhaven viel früher als geplant, und können endlich Morgenessen.

Gefahrene Distanz: 54 km (Motor: 3366 h).

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Montag 19. Mai 2025, Cuxhaven-Bremerhaven

Eine Fahrt über das offene Meer ist für uns immer noch ein Abenteuer. Diesmal geht es über die Nordsee, ein Gewässer, das wir Binnenländer eher als rau und wild einschätzen. Ein mulmiges Gefühl macht sich deshalb bereit, als wir am Morgen um 8.30 in Cuxhaven die Leinen lösen. „Fahrt etwa zwei bis drei Stunden nach Hochwasser los“, hatte uns der Hafenmeister am Vorabend geraten, „dann klappt das schon.“

So ist es. Die Tide schiebt uns wie mit Rückenwind durch das schmale Fahrwasser aus der Elbemündung in Richtung Helgoland. Nach 20 Seemeilen, auf halbem Weg, verzeichnet der Tidenkalender Niedrigwasser, die Tide kippt. Ab nun rutschen wir mit der Flut Bremerhaven zu. Knapp 8 Stunden Reisezeit für etwa 50 Seemeilen, kein schlechtes Ergebnis!

Und was machte der Magen? Tja, die einen halten sich beim Abendessen beim Rotweinkonsum etwas zurück und die anderen schöpfen aus dem Vollen. Es hatte Wellen unterwegs, aber keine schlimmen, es war mehr ein stetes Schaukeln und Wiegen im angenehmen Sinn, für die einen wenigstens.

Die Einfahrt in Bremerhaven ist eindrücklicher als die Durchfahrt durch den Hamburger Hafen. Dicke Mega-Container-Riesen parken unter den Kränen, ganz nah rutschen wir daran vorbei. Im Funk hören wir Lotsen, Kapitäne und die Hafenverwaltung. Hoch spannend! Dann passieren wir die neue Schleuse und machen im neuen Hafen fest, inmitten eines neuen Stadtquartiers mit den Prachtbauten der Bremerhavener Skyline im Hintergrund.

Gefahrene Distanz: 102 km (Motor: 3375 h).

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Donnerstag 22. Mai 2025, Bremerhaven-Elsfleth: Die Weser bringt uns heute weiter landeinwärts, weg von der Nordsee, und noch immer liegen grosse Frachter an den Verladekais. Vor allem Schüttgut wird verladen, aber auch Tragrohre für Windanlagen und Teile für den Flugzeuhersteller Airbus.

Der direkte Meeranschluss beeinflusst unseren Fahrplan. Die Tide spielt weiter eine wichtige Rolle. In Bremerhaven hat unser Stegnachbar, mit Heimathafen Bremen ein Kenner von Ebbe und Flut, für uns die optimalen Startzeiten ausgerechnet. Wir erhalten zwei Zettel mit allen Angaben, einen für die Abfahrt am frühen Morgen, der andere für den Start am späten Nachmittag. Wir entschädigen uns für den fachlichen Support mit frischen Brötchen für den Morgentisch.

Um 7 Uhr passieren wir die Schleuse zum Neuen Hafen. Die Weser begrüsst uns mit hohen, ruppigen Wellen. Kein Wunder, die ganze Nacht hindurch hat es in Sturmstärke aus nördlichen Richtungen geblasen. Auch heute gilt wieder eine Sturmwarnung mit Böen bis 9 bf. Uns kümmert das wenig, denn nach der ersten Biegung der Weser nehmen die Wellen deutlich ab, und auch der Wind gibt nach.

Wie vorausberechnet schiebt uns die Tide in knapp 3 Stunden nach Elsfleht. Dort biegen wir in die Hunte ein, legen am Steg beim Bahnhof an und kaufen Brötchen für das späte Frühstück. Draussen hupt es plötzlich. Gleich drei Schiffe unter Schweizer Flagge passieren uns: ZATTERA, LINNA und TARANAKI. Sie sind von Oldenburg nach Bremen unterwegs. Wir tauschen uns via Funk kurz aus und wünschen gute Fahrt.

Der Tag bringt auch schlechte Nachrichten: Erstmals seit unserem Start Anfang Mai regnet es richtig, es donnert und blitzt, und beim Anlegen holen wir uns wegen des starken Seitenwinds eine Schramme im Bug.

Hafeninfo: Die Steganlage in Elsfleth wir privat geführt. Das Liegegeld wird per Couvert in einem gelben Kasten in Stegmitte deponiert. Dort finden sich auch die Codes für den Zugang, die Dusche (2€), das WC und die Mülltonne. Für den Strombezug ist der Einwurf von 50-Cent-Münzen nötig. 

Gefahrene Distanz: 34 km (Motor: 3379 h).

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Freitag 23. Mai 2025, Elsfleth-Oldenburg: Die Seefahrt ist in Elsfleth im Städtchen überall präsent. Das Wahrzeichen des Hafens ist der Dreimaster „Grossherzogin Elisabeth“. Das stolze Segelschiff fährt häufig mit Ziel Nordsee aus. An Bord sind dann angehende Berufsseeleute, die an der Seefahrtsschule Elsfleth studieren. Bei der Einfahrt in  die Hunte fällt an steuerbord ein Turm mit einem Rettungsboot auf. Hier üben die Studenten den Seenotfall.

Beim abendlichen Spaziergang durch die Häuserzeilen spricht uns spontan ein Einheimischer an. Er weiss viel über die Geschichte und das lokale Leben zu erzählen. Kapitäne wohnten hier, aber auch der Juwelier und Uhrmacher Gerhard Wempe, der rund um den Erdball eine Kette mit Luxusläden aufbaute.

Die heutige Törnberatung erhalten wir vom Hafenmeister des Oldenburger Yachtclubs. Er empfiehlt uns die Abfahrt so zu planen, dass wir kurz vor Mittag bei Hochwasser im Stadthafen Oldenburg ankommen. Wir hatten unseren ursprünglichen Fahrplan auf die Eisenbahnbrücke in Oldenburg ausgelegt, die bei Niedrigwasser während zwei Stunden eine Durchfahrtshöhe von >4.20 m garantiert. Das hätte einen frühmorgendlichen Start nötig gemacht.

Um 9 Uhr legen wir ab. Auf der Hunte beträgt die Höchstgeschwindigkeit 10 km/h. Gemütlich fahren wir durch eine schöne Naturlandschaft mit vielen weidenden Schafen links und rechts. Kurz vor elf Uhr kommt die Eisenbahnbrücke in Sicht. Wir nehmen via VHF-Kanal 73 Verbindung auf. Freundlich werden wir über eine kurze Wartezeit informiert. Um 11.07 Uhr fahren zwei Züge über die Brücke, unmittelbar danach schwenken die beiden Brückenhälften in die Höhe. Perfekter Service. Und genauso vorbildlich geht es im Stadthafen weiter. Ganz zuhinterst hat uns der Hafenwart auf einen freien Platz aufmerksam gemacht. Dort legen wir an. NAJADE hat nun zwei Wochen Ruhe, und wir reisen via Hamburg in die Schweiz zurück.

Hafeninfo: Beim Oldenburger Yachtclub sind wir ausserordentlich gastfreundlich aufgenommen worden. Alle Fragen konnten telefonisch geklärt werden. Wir sind überzeugt, hier lassen wir NAJADE in besten Händen zurück. 

Gefahrene Distanz: 23 km (Motor: 3381 h).

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Donnerstag 12.Juni 2025, Oldenburg-Dörpen: Nach zwei Wochen Heimaturlaub sind wir zurück an Bord.

Weiss und sauber, das ist unser Fenderstep. Nein, wir haben ihn nicht neu gekauft. Er ist das Ergebnis der sechs Stunden Fahrt auf dem Küstenkanal. Zwischen Oldenburg und Dörpen passiert nicht viel, und auch punkto Reiseerlebnis ist der Kanal eine eher magere Kulisse. Rechts verläuft die Landstrasse mit Verkehrslärm, links zwitschern in den Bäumen die Vögel. Zwei Kurven sind die einzige navigatorische Herausforderung. Also braucht die Mannschaft ein Beschäftigungsprogramm: Es wird gemalt, es wird am schmutzigbraunen Fenderstep gepinselt.  

Der weisse Fenderstep sieht schön aus, aber nachhaltig wird die weisse Weste nicht bleiben. Die Neubeschaffung ist bereits angedacht. Ebenfalls einige neue Fender sind nötig. In der Schleuse Oldenburg wurden sie am Morgen ausgiebig getestet. „Fahrt nicht zu weit nach vorne“, hatte uns der Schleusenmeister geraten. Wir blieben ganz hinten, doch auch hier warf sich NAJADE heftig in die Taue. Zwei Fender gaben nach, ohne Schaden, aber nun wissen wir, die alten Luftballone müssen ersetzt werden.

Für die Nacht haben wir beim Wassersportverein Dörpen-Lehe festgemacht. Hier ist es sehr ruhig und sehr schön. Weil zu den Pasta für das Abendessen der Rotwein fehlt, muss noch etwas pedalt werden. Das nächste Geschäft mit dem passenden Angebot ist nur 3 Kilometer entfernt, Luftlinie! Weil diverse Kanäle und eine Eisenbahnlinie dazwischen liegen, gibt es deutlich mehr Kilometer. Aber exakt dann, als die Makaroni al dente sind, ist auch der Wein auf dem Tisch.

Gefahrene Distanz: 64 km inkl. 1 Schleuse (Motor: 3388 h).

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Freitag 13. Juni 2025, Dörpen-Papenburg: Einige hundert Schleusenmanöver haben wir nun schon absolviert. Doch man lernt nie aus. Wir sind auf dem Ems-Jade-Kanal talwärts unterwegs und fahren hinter dem Frachter VOLENTA in die Schleuse Herbrum ein. Ab hier wird die Ems zum Tidengewässer, vor kurzem kippte die Tide, der Pegel ist immer noch niedrig. Der Schleusenmeister macht den Kapitän des leeren Frachters auf das Niedrigwasser aufmerksam, ein Einlaufen in die Kammer erfolge auf eigene Gefahr.

Die oberen Schleusentore schliessen sich, NAJADE ist in sicherem Abstand hinter VOLENTA vertäut, es geht abwärts. Vorne auf dem Frachter bricht plötzlich Hektik aus, offenbar sitzt das Schiff in der Schleusenkammer auf Grund. Nach dem Öffnen der talseitigen Tore versucht die VOLENTA auszufahren, was nicht gelingt. Nun legt der Kapitän den Rückwärtsgang ein und gibt Vollgas, um sich eine Rinne im Schlamm freizuschwemmen. Auf uns im Rücken nimmt er keine Rücksicht. Nur mit Motorhilfe können wir mehr schlecht als recht die Position halten. Dann gibt der Frachter volle Kraft voraus, und es schüttelt noch mehr.

100 Meter ausserhalb der Schleuse sitzt dann die VOLENTA endgültig fest. Wir nehmen Funkkontakt auf und künden ein Überholmanöver an. NAJADE schleicht sich vorbei und wir steuern emsabwärts, mit etwa einem halben Meter Reserve unter dem Kiel. Die Gegenströmung ist beachtlich, das einlaufende Wasser ist tiefbraun. Eindrücklich!

In Papenburg melden wir uns bei der Seeschleuse an und müssen nur kurz warten. Zusammen mit einem Kiesfrachter werden wir in den Hafen geschleust. Wir fahren bis zuhinterst zum Yachtclub Turmkanal zu Papenburg E.V. Das klappt erst, wenn zwei Eisenbahnbrücken und eine Strassenbrücke gehoben werden. Zuständig dafür ist das Stellwerk der Deutschen Bahn, die Passage muss telefonisch angemeldet werden. Nach 20 Minuten fährt der letzte Zug durch, sofort heben sich die Brücken, wir sind am Ziel.

Morgen gehen wir in der Meyer Werft grosse Schiffe schauen. Wer weiss, vielleicht tauschen wir NAJADE ein.

Gefahrene Distanz: 36 km, 4 Schleusen (Motor: 3394 h).

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Sonntag 15. Juni 2025, Papenburg-Leer: Der Rundgang durch die Meyer Werft am Samstag war imposant. In der Riesenhalle liegt die Disney Destiny, 340 Meter lang, 40 Meter breit und ab November mit etwa 3000 Gästen auf den Weltmeeren unterwegs. Demnächst wird sich das Kreuzfahrtschiff auf seine erste und vermutlich auch schwierigste Fahrt begeben: auf die Ems. Diverse Nadelöhre müssen auf dem Weg zur Nordsee bewältigt werden.

An Bord der NAJADE schaffen wir heute von Papenburg nach Leer die Engstellen problemlos. Wir passieren die Friesenbrücke in Weener. Hier bleiben den Meyer-Giganten jeweils nur noch ein paar Meter Freiraum links und rechts. Die steigenden Anforderungen der Meyer Werft sind ein Grund, dass die Eisenbahnbrücke neu gebaut wird.

Der Hauptgrund liegt jedoch zehn Jahre zurück. In einer Dezembernacht 2015 wurde die Friesenbrücke von einem Frachter gerammt und um einige Meter verschoben. Totalschaden! Der Grund für die Havarie führt zu Kopfschütteln. Der diensthabende Brückenwärter kommunizierte mit dem Kapitän des Frachters auf Deutsch. Doch dieser sprach nur Englisch. So ging die Nachricht unter, dass die Brücke geschlossen ist. Der auf dem Frachter mitfahrende Lotse machte ebenfalls einen Fehler. Er interpretierte die Scheinwerfer eines Baggers am Ufer als das weisse Licht, das normalerweise eine offene Durchfahrt signalisiert.

1912 bereits passierte etwas ähnliches. Damals übersah der Lokführer eines Zuges das rote Haltesignal, die Brücke war offen, allerdings für Schiffe und nicht für die Eisenbahn. Erst im letzten Moment leitete er eine Notbremsung ein. Die Dampflok überrollte das Gleisende, fiel Richtung Fluss und wurde dann durch den Rest des Zugs gestoppt. Knapp über der Ems blieb die Maschine hängen.

Im Bau befindet sich nun die fünfte Version der Friesenbrücke, und die negativen Geschichten nehmen nicht ab. Unter der Hand munkelt man, dass sich hier das gleiche abspielt, wie beim Bau des neuen Berliner Flughafens. Die Brücke sollte schon längst fertig sein, doch der Eröffnungstermin steht in den Sternen. Ursprünglich hätte der Bau etwas mehr als 100 Millionen Euro kosten sollen, unterdessen übersteigen die Baukosten einer Viertelmilliarde.

Die imposante Friesenbrücke lassen wir hinter uns. Etwas weiter flussabwärts kommt uns das Museumsschiff „Prinz Heinrich“ entgegen. Der Dampfer macht Ausflugsfahrten ab Leer. Er wir zu unserem Lotsen zum Sportbootliegeplatz zuhinterst im Stadthafen Leer. Um 17.30 Uhr öffnet jeweils am Sonntag die Seeschleuse. Zusammen mit dem Dampfer und zwei weiteren Sportboot geht es etwa 30 Zentimeter abwärts. Die Rathausbrücke öffnet sich jeweils gleich anschliessend. Der Brückenwärter ist gleichzeitig Hafenmeister. Er ruft uns zu, einen Liegeplatz an Backbord zu wählen. Das letzte Hindernis ist der geschwungene Fussgängersteg. Die Durchfahrtshöhe beträgt rund 4,3 Meter, NAJADE passt durch. Und jetzt Feierabend.

Die letzten zwei Tage haben wir in Papenburg die Freundschaft unter Gleichgesinnten erlebt. Zusammen mit uns waren sechs Boote des Wassersportvereins Wulsdorf Bremerhaven in der Marina Turmkanal zu Gast. Wir haben uns bestens verstanden, erhielten wertvolle Tipps und wir fuhren am Sonntag gemeinsam los, zuerst unter den geöffneten Eisenbahn- und Strassenbrücken durch, und dann in die Seeschleuse. Erinnerungen an die Motorbootparade am Hafengeburtstag in Hamburg kamen auf. In der Ems wählten die Bremenhavener den Weg flussaufwärts nach Oldenburg, und wir drehten in Richtung Leer ab.

Hafeninfo: In Leer gibt es links und rechts im Stadthafen diverese Anlegemöglichkeit. Zuständig ist der Hafenmeister, der sein Büro im Motorboot HEIMAT hat, direkt neben dem Museumsdampfer PRINZ HEINRICH. Die Tolietten, Waschmaschinen (Schlüssel 50 € Depot) und Duschen finden sich im Gebäude der Tourismusinformation. Der Zutritt kostet 50 Cent, Duschen 1 €. Achtung: von 20 bis 07 Uhr ist der Zugang geschossen!

Gefahrene Distanz: 21 km inkl. 2 Schleusen (Motor: 3397 h).

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Dienstag 17.Juni 2025, Leer-Emden: Jamaica ahoi! Mitten in Emden lädt uns die Karibik ein, inklusive Sandstrand und lateinamerikanischen Klängen. Wir haben NAJADE direkt gegenüber den Liegestühlen parkiert im Stadtzentrum parkiert. Hier kann es zwar am Wochenende laut werden, doch unter der Woche wird die Strandbar um 21 Uhr geschlossen.

Den Abfahrtstermin für die Fahrt von Leer nach Emden gibt der Hafenmeister vor. „Ihr müsst um 7.30 Uhr ablegen, danach öffne ich die Rathausbrücke und dann kommt ihr genau richtig zur Seeschleuse“, hat er uns am Vorabend verkündet. So machen wir es, und alles klappt bestens.

Draussen in der schmutzigbraunen Ems rutschen wir mit der Tide flott zu Tal und sind bereits um halb elf Uhr in Emden. Kurz später können wir in der grossen Seeschleuse zusammen mit einem Schlepper in den Binnenhafen einfahren. Somit wäre ein Anlegen im alten Stadthafen noch vor dem Mittag möglich. Das Stellwerk der Deutschen Bahn macht uns einen Strich durch die Rechnung. Die Brücken (Eisenbahn-, Strassen- und Fussgängerbrücke) werden erst um 13.55 Uhr geöffnet, heisst es auf telefonische Anfrage. Wir drehen eine Zusatzrunde durch den Hafen und geniessen das Sommerwetter.

Im Alten Stadthafen hat es viele freie Liegeplätze. Wir konsultieren den Hafenmeister. Er empfiehlt uns, gegenüber der Strandbar festzumachen. Der Platz ist gut, ein bisschen Hintergrund-Rambazamba kann nicht schaden und hält jung.

Gefahrene Distanz: 34 km inkl. 2 Schleusen (Motor: 3402 h).

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Donnerstag 19. Juni 2025, Emden-Delfzijl: Einmal mehr bahnt sich wettermässig ein wunderschöner Tag an. Blauer Himmel und angenehme Temperaturen bereits beim Morgenessen, einfach herrlich. Vor einem Jahr zur gleichen Zeit war es komplett umgekehrt: nass, kalt und unfreundlich.

Das Sommerwetter hatten wir gestern zu einem Ausflug nach Borkum genutzt. Wir erreichten die Insel mit der Fähre (2 Stunden Fahrzeit) und hatten etwa sechs Stunden Zeit, den „grössten Sandhaufen Deutschlands“ zu erkunden. Drei Stunden wanderten wir dem Strand entlang und den Rest brauchten wir für die innerliche und äusserliche Kühlung. Ein Highlight ist im Fährenticket inbegriffen: Die Fahrt mit der Inselbahn, der Kleinbahn, vom Hafen ins Städtchen.

Heute Morgen richten wir den Starttermin wiederum auf die Öffnung der Eisenbahnbrücke vor dem alten Binnenhafen Emden aus. Sie hebt sich nur alle zwei Stunden, jeweils fünf Minuten vor dem Stundenschlag. Wir nutzen den Slot um 08.55 Uhr. Das passt optimal zur nachfolgenden Öffnung der Seeschleuse.

Draussen in der Ems erleben wir, wie das Schifffahren unter Umständen dumm enden kann. Uns kommt der Seenotkreuzer entgegen, und weiter weg dreht ein Schiff der Küstenwache Kreise. Dann sehen wir den Grund für das Aufgebot: auf dem steinigen Leitdamm hängt ein Sportboot in der Luft. Bei Hochwasser ist der Damm jeweils komplett überspült. Jetzt, bei halbem Niedrigwasser ragt der Steinwall etwa einen Meter aus dem Wasser. Der Bootführer hat vermutlich am frühen Morgen die Untiefe unterschätzt und ist voll auf die Steine gefahren. Wir hoffen, dass er das Malheur unverletzt überstanden hat.

Kurz vor der Einfahrt in den Kanal, der nach Delfzijl führt, wechseln wir die Gastflagge. Die Niederlande sind das fünfte Land, das wir seit unserer Abfahrt aus Rheinfelden vor drei Jahren kennen lernen. Die ersten Eindrücke sind noch nicht so überwältigend. Industriebauten und Windkraftwerke säumen den Kanal, dazwischen eine Raffinerie, und aus einem dunklen Loch fliesst eine schäumende Brühe ins Wasser. Doch bei der Einfahrt in die Neptunus-Marina in Delfzijl wird Holland schöner und schöner. Die Hafenmeisterin hisst die Schweizer Fahne und im Hintergrund ragt eine richtige Windmühle in den Himmel.

Gefahrene Distanz: 22 km, inkl. 1 Schleuse (Motor: 3405 h).

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Freitag 20. Juni 2025, Delfzijl-Groningen: Schmucke Backsteinhäuser am Rande des Kanals, und eine Windmühle. Unser Bild des Tages löst vermutlich bei allen traditionellen Holland-Schiffern nur ein müdes Lächeln aus. Für uns Friesland-Greenhörner war es aber ein toller Tag, und ein spannender erst noch.

Das beginnt bei den Hubbrücken, und den diversen Signallichtern an den Brücken. Wir sind vom Rhein, von den französischen Kanälen und von den strikten deutschen Fahrregeln her gewohnt: Rot heisst Rot, respektive bei Rot keine Durchfahrt. Hier leuchtet das Signal Rot, dazu gesellt sich ein grünes Licht und noch zwei orange dazu, die Brücke hebt sich langsam und wir warten, bis dann irgendeinmal nur noch Grün leuchten wird. Nein, nein, das geht viel zu lange. Der Frachter vor uns schiebt seinen Bug bei Dunkelrot unter die sich aufrichtende Brücke. Auch das Heck rutscht durch, dann wird es erst grün. Bei der nächsten Brücke warten wir wieder. Diesmal macht ein einheimisches Sportboot von hinten Druck. Und wieder sind wir Rotlicht-Sünder. 

Die holländische Gelassenheit haben wir schon am Morgen in Delfzijl kennen gelernt. Mit Schweizer Gründlichkeit bereiten wir uns auf die Etappe auf dem Ems-Kanal nach Groningen vor. Auf der Waterkaarten-App poppt plötzlich eine Nachricht auf. „Am 20. Juni 2025 ist die Seeschleuse Farmsum von 09.30 bis 16.30 Uhr wegen Reparaturarbeiten für alle Schiffe gesperrt“, heisst es da. Was? Kann das sein? Wir fragen unseren holländischen Stegnachbar: „Unmöglich, kann nicht sein. Gestern fuhren wir ohne Probleme noch durch die Schleuse, heute wird sich da nichts ändern“, meint er, und auch seine Frau, die offensichtlich für die Navigation zuständig ist, schüttelt nur den Kopf: „Das kann nicht sein“. Wir sind ein wenig verunsichert und funken direkt die Schleuse an. Mit dem Ergebnis, dass wir das ausgedehnte Morgenessen abbrechen, die Leinen lösen und mit voller Kraft die Schleuse ansteuern. Dort stehen bereits ein paar Techniker und ein Kranschiff bereit, um einen Hydraulikzylinder am Schleusentor auszuwechseln. NAJADE darf noch durch, wenig später wird die Schleuse auf Doppelrot gesetzt.

Aber Holland ist schön, und das Schifffahren in Holland erst recht.

Gefahrene Distanz: 28 km, inkl. 1 Schleuse (Motor: 3408 h).

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Sonntag 22. Juni 2025, Groningen-Zoutkamp: Es ist Sonntag. Alles läuft ein wenig ruhiger ab als unter der Woche. Auf dem Wasser hingegen steigen die Aktivitäten, viele grosse und kleine Boote sind unterwegs. Wir reihen uns in die Parade der Sonntagsfahrer ein und verlassen via Nieuwe Oostersluis Groningen in Richtung Nordwesten.

Das Wetter ist drückend heiss und aus Westen ziehen dunkle Wolken heran. Der Blick aufs Wetterradar bestätigt unsere Einschätzung: Es wird Regen geben, draussen in der Nordsee gewittert es bereits.

Nach ein paar Kilometern biegen wir rechts in das Reiterdiep ein. Der Wasserweg ist eine Mischung zwischen Kanal und Fluss, viel Geschichte ist mit dem Reiterdiep gekoppelt. Groningen erhielt dadurch einen Seeanschluss, als Hansestadt ein wichtiges Kriterium.

Wir passieren Garnwerd mit der Windmühle, und den Waterwolf, das anno dazumal grösste Pumpwerk von Holland. Kühe und Schafe weiden am Ufer, Schwimmer kühlen sich im Wasser, nach der quirligen Stadt Groningen steht heute die ruhige Natur im Vordergrund. Bei zwei Brücken bauen wir das Verdeck ab, um ohne Hebevorgang durchzurutschen. Dann montieren wir das Verdeck schnell wieder, weil die ersten Regentropfen vom Himmel fallen.

Die Einfahrt in Zoutkamp ist beeindruckend. Es riecht nach Fisch und die farbigen Fischerhäuser am Quai können es durchaus mit den Impressionen von weit nördlicheren Hafenkulissen in Schweden oder Dänemark aufnehmen. Festgemacht wird im Haven Hunzegatt. Wir gehen zum Sonntags-Apéro über und schwitzen ein wenig, weil wir wegen Wind und Regen die kühlende Zugluft nach Aussen verbannt haben. 

Gefahrene Distanz: 34 km, inkl. 1 Schleuse (Motor: 3412 h).

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INFOS PLANUNG SOMMERREISE 2025

Elwis Elbe-Lübeck-Kanal: km 29.5, 2 km nach Mölln Rtg. Lauenburg, Ufersicherung, Begegnungsverbot, 6 km/h

Routenvarianten

- Mölln-Hamburg-Cuxhaven-Nordsee-Bremerhaven-Wilhelmshaven-Emden-Friesland-Amsterdam: 652 km

- Mölln-Hamburg-Bremen-Bremerhaven-Wilhelmshaven-Amsterdam: ca. 1000 km

  • Mölln-Hamburg, Cityhafen: 90 km
  • Hamburg-Bremerhafen (via Nordsee): 191 km, Cuxhafen-Bremerhaven: 110 km
  • Hamburg-Bremerhafen via MLK: 505 km
  • Bremerhaven-Wilhelmshafen via Watt 53 km (Weser zu Berg mit ablaufendem Wasser)
  • Bremerhafen-Wilhelmshafen via Fahrwasser Mellum: 88 km
  • Hafen Stade 

Allgemeine Infos, Nordsee

Infos Bremerhafen-Wilhelmshafen

App für die Navigation in Tidengewässern

Friesland

Deutsche Übersetzung BRP (Binnenschifffahrtsreglement Neiderlande)

 

2025: Planung

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